Burkhardt Engelke (Weltladen Ahlen), Volker Nicolai-Koß (Geschäftsführer des DGB Region Münsterland) und Bernhard Daldrup (SPD, MdB)

SPD, DGB, Weltladen: „Lieferkettengesetz darf nicht aus dem Blickfeld geraten“

Eigentlich sieht der Koalitionsvertrag der Großen Koalition vor, dass noch in dieser Legislaturperiode ein Lieferkettengesetz verabschiedet wird. Lieferkettengesetz bedeutet, dass Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten in Haftung genommen werden sollen, wenn sie gegen Sorgfaltspflichten verstoßen und verantwortlich sind für Verstöße gegen ökologische oder soziale Mindeststandards entlang der globalen Lieferkette. Dies umfasst auch die Haftbarmachung für Umweltschäden und Arbeitsunfälle bei Zuliefer- und Subunternehmen im globalen Süden.

Dass das Lieferkettengesetz noch nicht umgesetzt ist, ärgert Burkhardt Engelke vom Weltladen in Ahlen, der sich schon lange mit dem Thema auseinandersetzt. Bei einem Treffen mit ihm, dem SPD-Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup und Volker Nicolai-Koß, dem Geschäftsführer des DGB Münsterland war das Lieferkettengesetz nun erneut Thema. Beispiele für gelungene Lieferkettengesetze seien Länder wie Frankreich oder die Niederlande. Als Vorbild, wie die Lieferketten weltweit funktionieren können, sei der faire Handel zu nennen. Hier gebe es seit der Einführung vor 50 Jahren transparente Produktionsabläufe und Transportwege.

„Bei globaler Produktion muss die Devise gelten, dass Menschenrechte nicht dem Profit geopfert werden. Dass ökologische und soziale Standards bei der Produktion eingehalten werden, sollte eigentlich auch außerhalb der sogenannten Fairtrade-Produkte eine Selbstverständlichkeit sein. Leider ist das nicht so, sodass Unternehmen für die Nichteinhaltung von Standards zivilrechtlich haftbar gemacht werden müssen. Nur dann hat man einen wirksamen Hebel“, machte Engelke deutlich.

Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Daldrup ist unzufrieden mit dem Umsetzungsstand des Lieferkettengesetzes. „Sowohl Bundesarbeitsminister Heil als auch Bundesentwicklungshilfeminister Müller treiben das Gesetz entschlossen voran. Die Bremser sind zurzeit das Bundeswirtschaftsministerium unter Peter Altmaier und der Wirtschaftsflügel der Union. Es gibt zudem Versuche das Lieferkettengesetz aufzuweichen und die zivilrechtliche Haftung bei Verstößen gegen Sorgfaltspflichten „weg zu verhandeln“. Das ist für die SPD eine rote Linie. Wir wollen ein Lieferkettengesetz, das dem Namen auch gerecht wird und wollen nicht, dass die Entscheidung in die nächste Legislaturperiode vertagt wird“, erläuterte Daldrup die politischen Konstellationen im Bund.

Der DGB in der Region Münsterland schloss sich der Forderung nach einem Lieferkettengesetz schon Anfang des Jahres mit einem Positionspapier an. „Für uns ist die globale Durchsetzung menschen- und arbeitsrechtlicher Standards besonders wichtig. Dazu gehören primär die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf Tarifverhandlungen und betriebliche Mitbestimmung. Die Verpflichtung zur Einhaltung der von der Internationalen Arbeitsorganisation ILO formulierten Arbeitsnormen muss folgerichtig seinen Platz im Lieferkettengesetz finden“, fasste Nicolai-Koß die gewerkschaftliche Positionierung zusammen.

Für die über 100 NGOs, die u.a. aus der Bewegung des fairen Handels kommen, ist es wichtig, dass sowohl die Menschenrechte als auch die internationalen Arbeitsrechte (ILO) eingehalten werden, damit die Arbeiterinnen und Arbeiter im globalen Süden genauso geschützt ihre Arbeit verrichten können, wie es in Deutschland schon lange Standard ist.

Alle an dem Gespräch beteiligten waren sich einig, dass noch einige dicke Bretter gebohrt werden müssen. Das Thema dürfe trotz Corona nicht aus dem Blickfeld der Politik und der gesellschaftlichen und medialen Öffentlichkeit geraten.